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Vielfalt am Arbeitsplatz: Was es für den Erfolg (Gender) Diverser Teams braucht

Diverse Teams sind smarter: Sie fokussieren sich mehr auf Fakten, verarbeiten diese sorgfältiger und sie sind innovativer. Dies sind die Vorteile von diversen Teams, die das Harvard Business Review zusammenfasst und zahlreiche wissenschaftliche Studien unterstützen dieses Statement. Bekräftigt wird diese Aussage durch Berichte renommierter Unternehmen, die eine erhöhte Produktivität sowie finanzielle Leistungsstärke und somit einen „Diversitätsbonus“ konstatieren (Credit Suisse, 2021). Allerdings liegen auch Studien vor, die negative Auswirkungen von Diversität am Arbeitsplatz berichten. Wie kann diese gemischte Befundlage erklärt werden?

Eine größere Diversität hat das Potenzial zu deutlichen, positiven Effekten – allerdings zeigen sich diese nicht automatisch. Es müssen bestimmte Randbedingungen gegeben sein, damit sich dieses Potenzial tatsächlich entfalten kann. Verschiedene Variablen, sogenannte Moderatoren, können sowohl Stärke als auch Richtung des Effekts von Diversität auf eine Reihe von potenziellen Outcomes, wie Produktivität, Arbeitsklima oder Innovation, beeinflussen.

Was also braucht es, damit (gender) diverse Teams von den individuellen Stärken ihrer Mitglieder profitieren können und erfolgreich sind?

Teamzusammensetzung: Critical Mass
Die Idee, dass die Auswirkungen von Diversität auf Leistung von der Zusammensetzung des Teams abhängen könnte, basiert auf der Critical Mass Theory (Kanter, 1977). Diese postuliert, dass bis zum Erreichen einer bestimmten Schwelle oder "kritischen Masse" von Frauen in einer Gruppe der Schwerpunkt der Gruppenmitglieder nicht auf den unterschiedlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten liegt, die Frauen in die Gruppe einbringen. Joecks et al. (2013) stellen fest, dass Genderdiversität erst nach Erreichen einer „kritischen Masse“ von etwa 30 % Frauen mit einer höheren Unternehmensleistung verbunden ist als bei rein männlich besetzten Vorständen. Eine solche Teamzusammensetzung bringt eine enorme Steigerung für den Return on Equity. Offenbar lässt erst ab diesem Schwellenwert der Anpassungsdruck auf die Frauen nach.

Sozialer Kontext: Geschlechterparität und normative Akzeptanz
Die Beteiligung von Frauen in Vorständen korreliert positiv mit der finanziellen Leistung von Unternehmen, wenn eine größere Geschlechterparität herrscht, d.h. in Ländern (z.B. Norwegen), in denen Frauen den gleichen Zugang zu Ressourcen und Möglichkeiten in Bezug auf Bildung, wirtschaftliche Teilhabe, Beschäftigung und politisches Empowerment haben (Post & Byron, 2015). Der potenziell positive Einfluss weiblicher Teammitglieder ist demnach verstärkt, wenn diese über Berufserfahrung und Ausbildung verfügen, die es ihnen ermöglichen, einen größeren Beitrag zu leisten und mehr Einfluss in den Vorständen zu haben. In Ländern mit geringerer Geschlechterparität (z.B. Pakistan) liegt ein negativer Zusammenhang zwischen Genderdiversität und Leistung vor.
Auch Zhang (2020) stellt fest, dass die Beziehung zwischen Genderdiversität und Unternehmensleistung in den einzelnen Ländern und Branchen aufgrund der Unterschiede im institutionellen Kontext erheblich variiert. Je stärker die Genderdiversität in einem Land oder einer Branche normativ akzeptiert ist, desto eher erfahren Unternehmen mit einer geschlechtsspezifischen Vielfalt eine positive Marktbewertung und höhere Einnahmen. In einigen Ländern und Branchen wird Genderdiversität als wertvolle Bereicherung angesehen, die die Produktivität und Entscheidungsfindung verbessern kann. Wird Genderdiversität nicht geschätzt, so kann sie von den Investierenden als nachteilig für die künftige Leistung des Unternehmens angesehen werden. Außerdem könnten die weiblichen Beschäftigten mehr Diskriminierung und Stereotypisierung erfahren, was ihre Fähigkeit, zur Unternehmensleistung beizutragen, beeinträchtigt. Somit prägt das institutionelle Umfeld die Einstellung der Menschen und Ansätze zur Genderdiversität und damit auch potenzielle Leistungsoutcomes.

Psychologische Sicherheit
Unter Psychologischer Sicherheit versteht man die gemeinsame Überzeugung aller Teammitglieder, innerhalb der Gruppe zwischenmenschliche Risiken eingehen zu können (Edmondson, 1999). Eine solche Atmosphäre zeichnet sich durch fünf Elemente aus:
- Teammitglieder können ihre eigene Meinung offen äußern und diese Meinungen werden respektiert
- alle sprechen in etwa gleich viel
- es herrscht soziale Empathie, die ein gegenseitiges Verständnis erzeugt
- Fehler werden nicht als Schwäche gesehen, stattdessen wird aus ihnen gelernt und es werden Lösungen gesucht
- individuelle Stärken der Teammitglieder werden geschätzt und gefördert

In Teams mit hoher psychologischer Sicherheit geht Diversität mit höherer Leistung einher während in Teams mit niedriger psychologischer Sicherheit ein negativer Zusammenhang zwischen Diversität und Leistung besteht (Bresman & Edmondson, 2022). Die Autor:innen argumentieren, dass psychologische Sicherheit den Teammitgliedern helfen kann, die durch ihre Unterschiede bedingten Kommunikationsbarrieren zu überwinden. Dafür finden sie datengestützte Evidenz und postulieren daher, dass psychologische Sicherheit das Potenzial diverser Teams offenlegt und ausschöpfen kann.

Unterstützendes Topmanagement und förderliche Personalpolitik
Sowohl die Führungsebene eines Unternehmens als auch das Unternehmen selbst können vorbildhaft für die Mitarbeitenden sein und somit die Effekte von Diversität erheblich beeinflussen. Ein geringes Maß an negativen Stereotypen bei Topmanager:innen sowie eine diversitätsfreundliche Personalpolitik sind potenzielle organisatorische Faktoren, die verhindern können, dass eine negative Beziehung zwischen Diversität und Unternehmensleistung entsteht (Kunze et al., 2013).
Diversität innerhalb eines Teams birgt die Gefahr von Konflikten, Vorurteilen gegenüber der Outgroup sowie Diskriminierung. Ein unterstützendes Topmanagement kann dem entgegenwirken, denn Topmanager:innen prägen die Sinnstiftung des Unternehmens. Folglich werden ihre Einstellungen und Verhaltensweisen von Mitarbeitenden als gewünschte Verhaltensweisen interpretiert woraufhin die Tendenz besteht, das eigene Verhalten daran anzupassen.

Dagegen könnten die Mitarbeitenden in Unternehmen mit einem hohen Anteil an negativen Stereotypen sogar implizit dazu ermutigt werden, sich gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen aus anderen Gruppen unfair zu verhalten, was zu weiterer Diskriminierung und folglich zu einer Verringerung der Gesamtleistung führt.

Eine diversitätsfreundliche Personalpolitik kann verschiedene Praktiken umfassen, um Vielfalt innerhalb der Organisation und im Zusammenwirken zu fördern und wertzuschätzen. Solche HR-Maßnahmen zeigen den Mitarbeitenden, dass die Organisation allen ihren Mitgliedern ungeachtet ihrer demografischen Merkmale Respekt entgegenbringt und gleiche Chancen bietet. Dies kann dazu führen, dass Mitarbeitende diese Praktiken auf ihr eigenes Verhalten übertragen und diskriminierendes Verhalten gegenüber Kolleginnen und Kollegen aus anderen Gruppen vermeiden.

Zusätzlich kann auch die Organisationsstruktur Einfluss auf die Effekte von Diversität nehmen, indem sie interdisziplinäres Teamwork fördert. Dadurch steht geschlechtsspezifische Vielfalt in Zusammenhang mit besseren finanziellen Ergebnissen (Opstrup & Villadsen, 2015). Eine Gruppe kann nur dann die positiven Ergebnisse ihrer Vielfalt erzielen, wenn ihre Mitglieder in der Lage sind, produktiv und konstruktiv zu interagieren und gegenseitig von ihren Stärken zu profitieren.

Fazit
Diversität ist ein komplexes Konzept, das zunehmend erforscht wird. Auch wenn die Befundlage hinsichtlich der Auswirkungen und Konsequenzen gemischt ist, liegen potenzielle Leistungsvorteile sowie Nutzen für Mitarbeitende und Unternehmen auf der Hand. Unternehmen können Rahmenbedingungen schaffen, die es ihren Mitarbeitenden ermöglichen, von den Stärken ihrer Kolleginnen und Kollegen zu profitieren. Sie haben es in der Hand, die Potenziale diverser Teams voll auszuschöpfen.

 

Quellen

https://www.anti-bias.eu/wissen/definitionen/psychologische-sicherheit-definition/

https://hbr.org/2016/11/why-diverse-teams-are-smarter

Bresman, H., & Edmondson, A. C. (2022). Exploring the Relationship between Team Diversity, Psychological Safety and Team Performance: Evidence from    Pharmaceutical Drug Development (No. 22-055). Harvard Business School Working Paper.

The CS Gender 3000 in 2021: Broadening the diversity discussion (2021). Credit Suisse. https://www.credit-suisse.com/about-us/en/reports-research/studies-publications.html

Joecks, J., Pull, K., & Vetter, K. (2013). Gender diversity in the boardroom and firm performance: What exactly constitutes a “critical mass?”. Journal of business ethics, 118(1), 61-72. https://doi.org/10.1007/s10551-012-1553-6

Kanter, R. M. (1977). Some effects of proportions on group life. In The gender gap in psychotherapy (pp. 53-78). Springer, Boston, MA. https://doi.org/10.1086/226425

Kunze, F., Boehm, S., & Bruch, H. (2013). Organizational performance consequences of age diversity: Inspecting the role of diversity‐friendly HR policies and top managers’ negative age stereotypes. Journal of Management Studies, 50(3), 413-442. https://doi.org/10.1111/joms.12016

Opstrup, N., & Villadsen, A. R. (2015). The right mix? Gender diversity in top management teams and financial performance. Public Administration Review, 75(2), 291-301. https://doi.org/10.1111/puar.12310

Post, C., & Byron, K. (2015). Women on boards and firm financial performance: A meta-analysis. Academy of management Journal, 58(5), 1546-1571. https://doi.org/10.5465/amj.2013.0319

Zhang, L. (2020). An institutional approach to gender diversity and firm performance. Organization Science, 31(2), 439-457. https://doi.org/10.1287/orsc.2019.1297

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